Bis
zuletzt habe ich gekämpft, weil schon der Gedanke an den Abschied
mich verzweifeln ließ. Aber es war mir unmöglich zu bleiben, ich
hatte keine Kraft mehr und mußte loslassen. Begleitet von der Liebe
meiner Menschen wurde ich immer leichter und leichter, bis alles
verschwand und doch wieder kam. Ich sah mich dort bei meinen Menschen
liegen und war doch fort. Das war vielleicht verwirrend. Ich starrte
noch eine Weile mich selbst an, bis mir
auffiel, dass ich gar keine
Schmerzen oder Beschwerden mehr hatte, sondern mich einfach nur wohl
fühlte und dankbar für alles war. Wären da nur nicht die bitteren
Tränen meiner Menschen, ihr Schmerz, der mein Herz umringte. Nein,
so konnte ich sie unmöglich verlassen. Da wußte ich, was ich machen
mußte, nur noch nicht, wie.
Als ich
da so vor mich hin grübelte, fühlte ich jemanden näher kommen. Aus
dem leichten Nebel tauchten Gestalten auf, die mir doch bekannt
vorkamen. Ach...das war ja unser Vili, der dicke Kater, begleitet von
meiner Engel-Schwester Pais und unserer Mümmelmann-Gang bestehend
aus vier Kaninchen. Sie waren mir entgegen gekommen und wollten mir
den Weg über die Regenbogenbrücke zeigen. Irgendwie fand ich das
schön, aber ich war noch
nicht bereit zu gehen. Helfen könnten sie
mir allerdings – vielleicht nicht die kleinen Kaninchen, die zwar
niedlich und lieb waren, aber eigentlich jetzt schon das Interesse
verloren und lieber wieder an den schönen Blumen neben sich
schnüffelten und ja, mümmelten. Und mit Vili war es auch ein
bisschen grenzwertig – ich hatte ihn ja sehr lieb aber ob er
begreifen würde, was ich wollte, war fragwürdig. Aber meine Pais,
die mich zu meinem Mama- und Papa-Menschen geschickt hatte, würde
bescheid wissen.
Es
vergingen etliche Tage. Ich war immer wieder bei meinen Menschen,
wollte sie trösten und spüren lassen, dass ich doch da war, weil
sie so zutiefst traurig waren. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass
sie mich doch sehen konnten, weil sie direkt in meine Richtung
blickten oder nachts wach wurden, als ich mich zu ihnen hinlegte. Es
zerbrach mir das Herz zu sehen, wie sie meinen leeren Korb
anschauten, die nutzlosen Leinen ordneten, die Stille und Leere kaum
ertrugen.
Sita (Foto: Finca Lucendum) |
Bevor
ich erzähle, welches Wunder dann passierte, muß ich erwähnen, dass
meine Menschen schon ziemlich geerdet sind. Mein Papa-Mensch ist eh
der vernünftigere, und obwohl mein Mama-Mensch manchmal – oder
eher ziemlich oft – irgendwelche absonderlichen Ideen hat, ist sie
auch eher rational. An einem Abend saß ich also wieder mit Pais und
Vili zusammen als plötzlich eine weibliche Stimme mich ansprach.
Dass ich total erschrak, wollte ich nicht zeigen, aber komisch war es
schon. Sie wußte meinen Namen und erzählte, dass sie eine
Tierkommune oder so aus der Schweiz sei – was ich ein bisschen
merkwürdig fand, aber das war jetzt nebensächlich – und dass
meine Menschen nach mir gefragt hätten und ob ich ihnen etwas
ausrichten möchte. Obwohl mein Nackenfell hoch stand und mein Herz
wie wild pumperte, erkannte ich sofort, dass nun meine Chance da
war. Reden ging natürlich nicht, aber Bilder könnte ich schicken.
Die
Tierkommunen-Tante wartete geduldig. Vili hat das alles gar nicht
mitbekommen, aber Pais war Feuer und Flamme wie auch ich. Trotzdem
war das alles andere als leicht. Zuerst schickte ich einen lieben
Gruß, dass es mir gut ging und dass meine Menschen alles richtig
gemacht hatten. Ich spürte eine warme Energie, als diese Nachricht
doch bei meinen Menschen ankam. Es klappte! Pais und ich überlegten,
wie wir nun weiter vorgehen sollten. Ich versuchte ein Bild von der
Finca zu schicken, mit vielen lieben Hunden und schönen
südländischen Bäumen und Büschen.
Bei
meinen Menschen kam dann DAS Tierheim und rote Blüten mit schöner
Aussicht und ein heller Hund, der wie eine Art französische
Bulldogge aussah, an.
Na gut.
Nicht genau das, was ich meinte, aber die Hinweise zur Finca und dem
kleinen Alien-Hund Spike würden sie vielleicht verstehen. Als ich
gerade mit Pais überlegte, wie wir den Namen Sita vermitteln
könnten, wachte Vili aus seinem Dämmerzustand auf und fragte,
was
wir mit einem Affen wollten. Ich wollte ihn zuerst ignorieren und
Pais guckte ihn auch total fassungslos an, bis bei mir der Groschen
fiel: der Schussel-Vili dachte wir sprachen über den Affen von
Tarzan, dessen Name ganz ähnlich klang: Cheeta.
Ich weiß
noch, wie mein Mama-Mensch mal darüber mit jemandem gesprochen hat,
wer nun der beste Tarzan sei und dass sie die Filme als Kind immer
geschaut hat. Sie mochte irgendwie einen Tarzan der auch ein
Weizen-Müller war, was mich nicht die Bohne interessiert hat, aber
der Tarzan hatte tatsächlich einen Affen Cheeta. Mein Mama-Mensch
müßte den Hinweis verstehen. Vili quasselte darüber, dass wenn wir
Tarzan spielten, sei er Tarzan, weil er das einzige männliche Tier
war, abgesehen von den Kaninchen Max und Happy, die eh nicht auf
einen Baum kämen. Ob Vili seine Tollpatschigkeit verloren hätte,
wußte ich nicht, aber bei der Vorstellung ihn als Tarzan an einem
Baum hängen zu sehen, mußte ich unwillkürlich grinsen.
Der
Tierkommunen-Tante schickte ich also ein Bild von dem Affen Cheeta.
Bei
meinen Menschen kam ein Bild an, auf dem ich ganz aufgeregt mit einem
Stofftieraffen spielte. Na gut.
Aber was
machte mein Mama-Mensch? Sie fragte meinen Papa-Menschen, ob er sich
an den Affen Cheeta aus Tarzan erinnerte und sagte, dass sie nun auf
der Homepage der Finca mal nachschauen möchte, denn sie fühlte,
dass ich nicht wollte, dass sie lange alleine
bleiben. Als sie das
Foto von Sita sahen, schluckten sie beide und wußten, dass ich sie
dorthin geführt hatte. Die kleine liebe Sita wird die Erfüllung
meines Testaments werden. Ich fühlte, wie meine Menschen ruhiger
wurden, und wußte, dass ich sie nun für eine Weile alleine lassen
konnte. Ich werde sicher immer wieder nach ihnen schauen, aber nun
mußte ich zuerst mal dort ankommen, wohin ich jetzt gehörte. Pais,
Vili und die Mümmelgang nahmen mich in ihre Mitte und wir gingen
fröhlich und gelassen in den leichten Nebel hinein.
Foto: Finca Lucendum |
Danke
an: Manuela Seeber, Tierkommunikation – ein unsichtbares Band
zwischen Tier und Mensch.