Sonntag, 26. Mai 2013

Ob Katzen wirklich wissen, was sie tun


Katzen zu beobachten ist eine gute Unterhaltung, obwohl ich mich sehr oft frage, ob Katzen wirklich wissen, was sie tun. Ihr Benehmen erscheint oft unlogisch und ungewollt lustig, wie ich bei meinen zwei Katzen-Geschwistern jeden Tag erneut feststellen kann. Es liegt natürlich noch im Bereich des Möglichen, dass hinter ihren Taten doch irgendein Sinn steckt. Für mich ist es richtig schwer dahinter zu kommen, aber meine
Menschen scheinen sie trotzdem sehr zu mögen und sogar irgendwie zu verstehen. Ich betrachte es als Übung wie eine seltene Fremdsprache, die man nicht unbedingt können muß, aber die sich irgendwann vielleicht doch als nützlich erweist.

Vili und Clara heissen die zwei Katzen. Sie sind Zwillinge und ich glaube ungefähr zwei Jahre älter als ich. Sie lebten natürlich schon bei meinen Menschen, als ich kam. Die erste Begegnung war etwas stressig, weil sie mich grundlos in ihrer unverständlichen Sprache beschimpften und sogar versuchten, mich anzuspucken, bevor sie dann ganz schnell wegliefen. Ich wollte sofort hinterher, aber meine Menschen meinten, ich solle sie nicht jagen. Jagen war ja auch nicht meine Absicht, ich wollte ja nur gucken,
wohin die Katzen liefen und vielleicht ein bisschen „Fangen“ spielen. Aber natürlich nur spielen. Außerdem schienen die Katzen nicht zu wissen, wie man sich benimmt, denn sie blieben noch tagelang so unhöflich. Schnell ließ ich sie links liegen und als sie sich endlich beruhigt hatten, fingen sie mit diesem komischen Verhalten an – oder vielleicht war es für sie einfach normal, was weiß ich.

Anfangs dachte ich, dass die Katzen zu faul waren, um raus zu gehen, weil sie eine Toilette drinnen haben. Schnüffeln draussen ist doch großartig und entspannend, aber die zwei hockten nur Zuhause. Eines Tages hörte ich allerdings meinen Mama-Menschen jemandem erzählen, dass Vili und Clara früher in Finnland immer solche Freigänger waren, das heißt wohl, dass sie beliebig rein und raus durften. Aber nach dem Umzug nach Deutschland wollten sie einfach nicht mehr raus, obwohl sie die Möglichkeit dazu gehabt hätten. Es hängt wohl damit zusammen - wie ich von anderen gehört habe - dass es da draussen ein Monster gibt. Es soll Tiere, die ohne Menschen unterwegs sind, fressen. Das glaubte ich sofort – manchmal nachts hört man ja auch wirklich komische Geräusche von draussen.

Vili und Clara hatten nämlich einen großen Bruder gehabt, Hyrrä, den sie und meine Menschen sehr geliebt haben. Hyrrä war immer der mutigste und abenteuerlustigste von den dreien. Er wollte nach dem Umzug auch sofort wieder raus und schrie und schimpfte den ganzen Tag, weil er die ersten Wochen Zuhause bleiben mußte. Endlich gaben die Menschen nach und ließen ihn gewähren. Einige Tage lief auch alles gut, aber dann kam er einfach nicht mehr zurück. Obwohl meine Menschen ihn überall suchten, blieb er spurlos verschwunden. Das Monster hatte ihn genommen. Als Katze würde ich auch nicht mehr raus gehen.

Mein Schwerster-Mensch ist also sehr mutig, weil sie ohne Erwachsene fast jeden Tag weggeht. Sie wird von meinem Mama-Menschen mit dem Auto auf einen großen Platz gebracht und dort heraus gelassen. Dann verschwindet sie fast für den ganzen Tag, bis sie irgendwann wieder abgeholt wird. Obwohl meine
Menschen immer sagen, dass sie zur Schule geht, bin ich da nicht so sicher. Sie kann ja schon sitzen, warten, apportieren, tanzen, Pfote geben und vieles, was man in der Schule beigebracht bekommt, so weit ich informiert bin. Ich glaube eher, dass sie mutig genug ist, das Monster zu jagen! Sie hat ja auch immer eine große Tasche dabei, sicher für Geräte zum Monsterfangen.

Aber die Zwillinge hocken den ganzen Tag Zuhause und machen ihre Sachen. Am allerwenigsten mag ich, wenn sie unbedingt bei mir liegen wollen und dann doch anfangen, mich zu treten und zu pieksen. Ich tue denen doch nichts und immer müssen sie dann mich ärgern! Oder dass sie immer in der heißen Sonne am Fenster liegen wollen – oder im Winter sogar auf einem Heizungskörper. Sie haben doch auch ein Fell und trotzdem
scheint diese Überhitze ihnen gar nichts auszumachen. Obwohl ich aus Spanien komme, kann ich so was nicht aushalten. Ob die Katzen wohl kein Gefühl im Körper haben?

Allerdings haben sie wohl sehr gute Nerven. Sie klettern ja über all herum, egal wie hoch, und springen dann einfach herunter. Oft fürchte ich, dass sie ein Bein oder so brechen, aber sie tapsen einfach weiter, wie nichts gewesen wäre. Und wie sie miteinander umgehen! Jeden Tag beobachte ich den gleichen Horror, oder sie nennen es wahrscheinlich „Spiel“. Eine von denen versteckt sich irgendwo und wenn die andere ahnungslos vorbei läuft, wird diese furchtbar erschreckt und angegriffen. Und das mehrmals am Tag! Ich würde sicher einen Herzinfarkt bekommen, wenn jemand das mit mir machen würde. Aber da sie fröhlich und laut, sehr laut, weiter spielen und toben, scheint es ihnen nichts auszumachen.

Clara hat aber echt eine Macke. Immer wenn sie ein Glas mit etwas Wasser drin irgendwo stehen sieht, wartet sie auf den richtigen Augenblick – wenn die Menschen weg gucken – und steckt ihre Pfote in das Glas und kippt es um. Immer. Aber nur Wasser – Saft oder Limo oder so rührt sie nicht an. Es ist mir ein Rätsel,
was es ihr bringen soll. Vielleicht ist sie auch irgendwie traumatisiert und kann nichts dafür, was sie macht, oder machen muß.

Eines Tages waren Vili, mein Mama-Mensch und ich bei meinem Schwerster-Mensch in ihrem Zimmer. Plötzlich fing Vili an, irgendwohin einfach anzustarren. Als meine Menschen sahen, was Vili anstarrte, fing das Gekreische, Geheule und Gehüpfe an – an der Wand lief eine riesige Spinne. Ich muß zugeben, sie war
wirklich richtig groß, aber gleichzeitig mußte ich so lachen, weil meine Menschen sich so komisch benahmen. Endlich kam mein Papa-Mensch zur Rettung und brachte die Spinne weg.

 Das war schon lustig, aber seit dem beobachte ich, wie Vili einfach so immer wieder irgendwohin anstarrt und wie meine Menschen immer in Panik geraten, obwohl da nie etwas zu sehen ist. Er starrt einfach irgendwas an, das nur er
sehen kann. Weil Vili so wie so etwas schusselig ist, weiß ich wirklich nicht, ob er das absichtlich tut oder nicht.

Ohne die zwei wäre mein Leben sicher ein bisschen ruhiger und einfacher, aber sicher nicht so abwechslungsreich. Ich habe sie auch irgendwie in mein Herz geschlossen, weil sie mir die Vielfalt des Lebens zeigen – man kann ruhig anders sein und trotzdem doch irgendwie liebenswert.




Donnerstag, 9. Mai 2013

Ausflug nach Aua-ich


Weil meine Menschen mir schon am Abend zuvor gesagt hatten, dass wir am nächsten Tag einen Ausflug machen würden, konnte ich kaum schlafen. Ich finde Ausflüge immer total aufregend und bald wieder einen nach Aua-ich machen zu können, wird sicher spaßig. Der Ort hat zwar einen komischen Namen, aber daran bin ich hier in der Gegend ja schon gewöhnt. Es wurden keine Koffer oder Reisetaschen gepackt und sogar mein eigener kleiner Rucksack blieb im Schrank. Daher wußte ich, dass wir nicht übernachten werden.
Wir machen einen Ausflug! Wir machen einen Ausflug!
Aber meine große Wasserflasche wurde eingepackt und hoffentlich auch meine Leckerlies - obwohl ich da nicht so sicher war. Denn es stimmte mich etwas nachdenklich, weil ich keine Leckerlies gesehen hatte. Meine Eltern-Menschen würden mich doch nicht anschwindeln und doch mit mir zum Tierarzt fahren? Aber das würden sie sicher nie tun. Sie haben eindeutig Aua-ich gesagt!

Schon eine Stunde bevor der Wecker klingelte, war ich auf den Beinen, hellwach und bereit zu fahren. Es dauerte aber wieder eine Ewigkeit, bis meine Menschen so weit waren. Ich konnte sogar meine Morgenrunde draussen drehen und noch frühstücken, was noch auszuhalten war, aber dann mußte der Mama-Mensch sich noch „fertig machen“. Das war für mich ein eindeutiges Zeichen, dass die Reise auf jeden Fall weiter weg führte. Mein Mama-Mensch mußte sich dann nämlich immer bemalen. Ich fand das irgendwie komisch, weil sie doch kein Indianer ist. Winnetou, der kleine Welpe auf der Finca Lucendum, interessierte sich sehr für Indianer, weil er mit seinen Haaren selbst ja wie ein kleiner Indianerjunge aussah. Er hat mir erzählt, dass er im Fernseher gesehen hätte,
Winnetou
wie Indianer sich bemalen, bevor sie irgendwohin gehen. Genauer wußte er anscheinend auch nicht über diese Sachen bescheid. Aber mein Mama-Mensch bemalte sich ja auch und sogar ihre Frisur erinnerte mich oft an Winnetou, zwar als etwas hellere Version, aber sonst eigentlich fast identisch.

Als wir endlich losfuhren, paßte ich doch gut auf, dass wir nicht in Richtung Tierarzt fuhren. Sicher ist sicher. Vor kurzem bin ich auch nicht krank gewesen und wir fuhren trotzdem zu dem unheimlichen Tierarzt. Unser armes Kaninchen Hope war krank. Wie immer bei diesem Tierarzt wurde auch ihr nicht geholfen und ich sage jetzt einfach, dass sie starb. Ich kann darüber noch nicht sprechen, weil es so furchtbar war. Da meine Menschen mich nicht im Auto alleine lassen wollten, nahmen sie mich mit ins Wartezimmer. Ich hörte einen Hund irgendwo fürchterlich weinen und schreien - und dann kam noch dieser Tierarzt in Sicht. Es war nicht zu verhindern, obwohl ich auf dem Schoß von meinem Papa-Mensch saß, begann ich unkontrolliert zu zittern,. Dort wird doch gar nicht geholfen sondern nur gefoltert! Mein Papa-Mensch wollte sich das nicht länger anschauen und ich durfte mit ihm zurück ins Auto.
Sofort war das Zittern vorbei. Meine Menschen haben mir danach versprochen, dass ich nie mehr zu diesem Tierarzt muß. So hätte ich es jetzt auch glauben können und als wir auf die Autobahn fuhren, konnte ich endlich meinen Schlaf von letzter Nacht nachholen.

Endlich in Aua-ich angekommen sollte ich zuerst trinken, aber dazu hatte ich keine Lust. Ich wollte viel lieber sofort losgehen und überall schnüffeln. Der Ort kam mir natürlich bekannt vor, im Unterschied zu meinen Menschen. Sie wirkten etwas orientierungslos und gingen zuerst kurz in die eine und dann wieder zurück in die andere Richtung. Was war wohl jetzt wieder los? Ich merkte, dass mein Mama-Mensch schon etwas genervt wirkte und der Papa-Mensch ein bisschen Abstand zu ihr hielt. Wenn sie Hunde wären, würden sie sich gleich anknurren. Dabei versuchte ich ihnen die ganze Zeit zu
zeigen, in welche Richtung wir gehen sollten – schließlich wußte ich, wo wir waren. In Aua-ich bin ich ja schon ein paar Mal gewesen und wenn wir wie immer in die Altstadt wollten, sollten sie mir doch einfach
folgen. Vorsichtig zog ich an der Leine und zum Glück ging es nun vorwärts. Der Papa-Mensch entdeckte einen Stadtplan und da endlich wußten auch meine Menschen bescheid. Es ist manchmal schon etwas anstrengend mit ihnen. Jetzt konnte ich mich aufs Schnüffeln konzentrieren, zuerst in einem kleinen Park und dann auf dem Weg in die Altstadt.

Meine heimliche Hoffnung wurde auch dieses Mal nicht enttäuscht! Wir gingen tatsächlich zu dem tollsten Geschäft in der ganzen Stadt, in dem alles Mögliche für uns Hunde angeboten wird – na ja, für Katzen und so gibt es da wohl auch etwas. Schon durch die Tür drang so ein herrlicher Duft! Drinnen wurde es noch besser: ich durfte mir etwas leckeres aussuchen. Meine Menschen hatten von
Zuhause keine Leckerlies mitgenommen, wie ich schon vermutet hatte. Aber das war ja noch viel besser – es roch alles so gut und es gab so viel Auswahl, wie soll Hund sich da entscheiden können? Schließlich blieb ich vor dem Regal mit Straußensticks stehen und fragte vorsichtig, ob die zu teuer wären. Zum Glück nicht. Zu den Sticks bekam ich sogar noch eine neue Bürste, obwohl ich keinen Geburtstag hatte und es auch zu warm für Weihnachten war. Meine Wahl ist vollkommen richtig gewesen, ich durfte gleich probieren und die Sticks schmeckten einfach himmlisch.

Gleich um die Ecke gibt es noch einen Laden, den mein Mama-Mensch immer unbedingt besuchen will. Es hat etwas mit Finnland zu tun, das ist wohl noch ein anderes Land als Spanien und Deutschland. Ich vermute es auch deswegen, weil mein Mama-Mensch mit der Tante in diesem Laden die selbe merkwürdige Sprache spricht wie mit meinem Schwester-Menschen. Ein paar Brocken
verstehe ich schon – Sauna, Taksi, Posti, Kioski - aber sonst muß ich schon ganz genau hinhören. In diesem Sinn ist es mit meinem Papa-Mensch viel einfacher. Aber soll sie ruhig mit der Tante quatschen, wenn es ihr Spaß macht. Auf einem Regal entdeckte ich bunte Tassen mit lustigen Zeichnungen von komischen Trollen oder waren es weiße Nilpferde? Mein Mama-Mensch langte nach einer Tasse und zeigte sie mir. Das sollten Mumins sein und viele Kinder würden sie lieb haben. Von solchen Tieren hatte ich noch nie gehört, vielleicht kannte der Mama-Mensch diese aus diesem Finnland. Ich schaute unbewußt zu einer anderen Tasse, was ich sofort bereute. Sie glaubte, dass mich besonders diese Tasse interessierte und schon klärte sie mich auf. Bei dem Motiv handelte es sich nämlich um ein Monstervieh, Morra oder so, das sehr kalt ist und alles was es berührt, zu Eis erstarren läßt!

Mir wurde sofort ganz anders. Vielleicht taucht dieses Monstervieh Morra sogar dort im Laden auf. Wurde es nicht gleich deutlich kühler? Mißtrauisch schaute ich um mich und war sicher, einen riesigen Schatten in einem der Hinterzimmer erblickt zu haben. Oh je, jetzt nichts wie raus hier. Meine Menschen dachten wohl, dass ich dringend mußte. Mir war es egal, Hauptsache wir gingen schnell. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich noch einmal in den Laden traue, obwohl meine Menschen mich sicher vor dieser Morra beschützen würden. Sofern es doch wieder sein muß, bleibe ich garantiert auf dem Arm von meinem Papa-Mensch.

Zum Glück kam ich gleich auf andere Gedanken, denn wir gingen essen. Das finde ich immer so toll, weil ich mich so gut unter dem Tisch ausruhen kann, bevor das Essen kommt. Und ja, ich bekomme auch immer etwas ab, obwohl ich das eigentlich nicht weiter erzählen soll. Aber es ist ja nur ganz wenig, fast nichts. Aber
lecker! Ich paßte besonderes gut auf, was meine Menschen taten, als das Essen kam. Es könnte ja sein, dass sie mich unter dem Tisch einfach vergessen würden und alles alleine aufessen. Deswegen konnte ich auch nicht überhören, was sie sprachen. Mehrmals erwähnten sie, wie dies und wie das schön hier war und wie gut es war, dass wir nicht so sehr weit weg von Aurich wohnten. Aurich. Aurich. Aurich. Beim Spazierengehen vor der Rückfahrt wiederholte ich den Namen noch mehrere Male. Jedoch finde ich immer noch, dass Aua-ich schöner klingt.
Die neue Bürste!