Donnerstag, 9. Mai 2013

Ausflug nach Aua-ich


Weil meine Menschen mir schon am Abend zuvor gesagt hatten, dass wir am nächsten Tag einen Ausflug machen würden, konnte ich kaum schlafen. Ich finde Ausflüge immer total aufregend und bald wieder einen nach Aua-ich machen zu können, wird sicher spaßig. Der Ort hat zwar einen komischen Namen, aber daran bin ich hier in der Gegend ja schon gewöhnt. Es wurden keine Koffer oder Reisetaschen gepackt und sogar mein eigener kleiner Rucksack blieb im Schrank. Daher wußte ich, dass wir nicht übernachten werden.
Wir machen einen Ausflug! Wir machen einen Ausflug!
Aber meine große Wasserflasche wurde eingepackt und hoffentlich auch meine Leckerlies - obwohl ich da nicht so sicher war. Denn es stimmte mich etwas nachdenklich, weil ich keine Leckerlies gesehen hatte. Meine Eltern-Menschen würden mich doch nicht anschwindeln und doch mit mir zum Tierarzt fahren? Aber das würden sie sicher nie tun. Sie haben eindeutig Aua-ich gesagt!

Schon eine Stunde bevor der Wecker klingelte, war ich auf den Beinen, hellwach und bereit zu fahren. Es dauerte aber wieder eine Ewigkeit, bis meine Menschen so weit waren. Ich konnte sogar meine Morgenrunde draussen drehen und noch frühstücken, was noch auszuhalten war, aber dann mußte der Mama-Mensch sich noch „fertig machen“. Das war für mich ein eindeutiges Zeichen, dass die Reise auf jeden Fall weiter weg führte. Mein Mama-Mensch mußte sich dann nämlich immer bemalen. Ich fand das irgendwie komisch, weil sie doch kein Indianer ist. Winnetou, der kleine Welpe auf der Finca Lucendum, interessierte sich sehr für Indianer, weil er mit seinen Haaren selbst ja wie ein kleiner Indianerjunge aussah. Er hat mir erzählt, dass er im Fernseher gesehen hätte,
Winnetou
wie Indianer sich bemalen, bevor sie irgendwohin gehen. Genauer wußte er anscheinend auch nicht über diese Sachen bescheid. Aber mein Mama-Mensch bemalte sich ja auch und sogar ihre Frisur erinnerte mich oft an Winnetou, zwar als etwas hellere Version, aber sonst eigentlich fast identisch.

Als wir endlich losfuhren, paßte ich doch gut auf, dass wir nicht in Richtung Tierarzt fuhren. Sicher ist sicher. Vor kurzem bin ich auch nicht krank gewesen und wir fuhren trotzdem zu dem unheimlichen Tierarzt. Unser armes Kaninchen Hope war krank. Wie immer bei diesem Tierarzt wurde auch ihr nicht geholfen und ich sage jetzt einfach, dass sie starb. Ich kann darüber noch nicht sprechen, weil es so furchtbar war. Da meine Menschen mich nicht im Auto alleine lassen wollten, nahmen sie mich mit ins Wartezimmer. Ich hörte einen Hund irgendwo fürchterlich weinen und schreien - und dann kam noch dieser Tierarzt in Sicht. Es war nicht zu verhindern, obwohl ich auf dem Schoß von meinem Papa-Mensch saß, begann ich unkontrolliert zu zittern,. Dort wird doch gar nicht geholfen sondern nur gefoltert! Mein Papa-Mensch wollte sich das nicht länger anschauen und ich durfte mit ihm zurück ins Auto.
Sofort war das Zittern vorbei. Meine Menschen haben mir danach versprochen, dass ich nie mehr zu diesem Tierarzt muß. So hätte ich es jetzt auch glauben können und als wir auf die Autobahn fuhren, konnte ich endlich meinen Schlaf von letzter Nacht nachholen.

Endlich in Aua-ich angekommen sollte ich zuerst trinken, aber dazu hatte ich keine Lust. Ich wollte viel lieber sofort losgehen und überall schnüffeln. Der Ort kam mir natürlich bekannt vor, im Unterschied zu meinen Menschen. Sie wirkten etwas orientierungslos und gingen zuerst kurz in die eine und dann wieder zurück in die andere Richtung. Was war wohl jetzt wieder los? Ich merkte, dass mein Mama-Mensch schon etwas genervt wirkte und der Papa-Mensch ein bisschen Abstand zu ihr hielt. Wenn sie Hunde wären, würden sie sich gleich anknurren. Dabei versuchte ich ihnen die ganze Zeit zu
zeigen, in welche Richtung wir gehen sollten – schließlich wußte ich, wo wir waren. In Aua-ich bin ich ja schon ein paar Mal gewesen und wenn wir wie immer in die Altstadt wollten, sollten sie mir doch einfach
folgen. Vorsichtig zog ich an der Leine und zum Glück ging es nun vorwärts. Der Papa-Mensch entdeckte einen Stadtplan und da endlich wußten auch meine Menschen bescheid. Es ist manchmal schon etwas anstrengend mit ihnen. Jetzt konnte ich mich aufs Schnüffeln konzentrieren, zuerst in einem kleinen Park und dann auf dem Weg in die Altstadt.

Meine heimliche Hoffnung wurde auch dieses Mal nicht enttäuscht! Wir gingen tatsächlich zu dem tollsten Geschäft in der ganzen Stadt, in dem alles Mögliche für uns Hunde angeboten wird – na ja, für Katzen und so gibt es da wohl auch etwas. Schon durch die Tür drang so ein herrlicher Duft! Drinnen wurde es noch besser: ich durfte mir etwas leckeres aussuchen. Meine Menschen hatten von
Zuhause keine Leckerlies mitgenommen, wie ich schon vermutet hatte. Aber das war ja noch viel besser – es roch alles so gut und es gab so viel Auswahl, wie soll Hund sich da entscheiden können? Schließlich blieb ich vor dem Regal mit Straußensticks stehen und fragte vorsichtig, ob die zu teuer wären. Zum Glück nicht. Zu den Sticks bekam ich sogar noch eine neue Bürste, obwohl ich keinen Geburtstag hatte und es auch zu warm für Weihnachten war. Meine Wahl ist vollkommen richtig gewesen, ich durfte gleich probieren und die Sticks schmeckten einfach himmlisch.

Gleich um die Ecke gibt es noch einen Laden, den mein Mama-Mensch immer unbedingt besuchen will. Es hat etwas mit Finnland zu tun, das ist wohl noch ein anderes Land als Spanien und Deutschland. Ich vermute es auch deswegen, weil mein Mama-Mensch mit der Tante in diesem Laden die selbe merkwürdige Sprache spricht wie mit meinem Schwester-Menschen. Ein paar Brocken
verstehe ich schon – Sauna, Taksi, Posti, Kioski - aber sonst muß ich schon ganz genau hinhören. In diesem Sinn ist es mit meinem Papa-Mensch viel einfacher. Aber soll sie ruhig mit der Tante quatschen, wenn es ihr Spaß macht. Auf einem Regal entdeckte ich bunte Tassen mit lustigen Zeichnungen von komischen Trollen oder waren es weiße Nilpferde? Mein Mama-Mensch langte nach einer Tasse und zeigte sie mir. Das sollten Mumins sein und viele Kinder würden sie lieb haben. Von solchen Tieren hatte ich noch nie gehört, vielleicht kannte der Mama-Mensch diese aus diesem Finnland. Ich schaute unbewußt zu einer anderen Tasse, was ich sofort bereute. Sie glaubte, dass mich besonders diese Tasse interessierte und schon klärte sie mich auf. Bei dem Motiv handelte es sich nämlich um ein Monstervieh, Morra oder so, das sehr kalt ist und alles was es berührt, zu Eis erstarren läßt!

Mir wurde sofort ganz anders. Vielleicht taucht dieses Monstervieh Morra sogar dort im Laden auf. Wurde es nicht gleich deutlich kühler? Mißtrauisch schaute ich um mich und war sicher, einen riesigen Schatten in einem der Hinterzimmer erblickt zu haben. Oh je, jetzt nichts wie raus hier. Meine Menschen dachten wohl, dass ich dringend mußte. Mir war es egal, Hauptsache wir gingen schnell. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich noch einmal in den Laden traue, obwohl meine Menschen mich sicher vor dieser Morra beschützen würden. Sofern es doch wieder sein muß, bleibe ich garantiert auf dem Arm von meinem Papa-Mensch.

Zum Glück kam ich gleich auf andere Gedanken, denn wir gingen essen. Das finde ich immer so toll, weil ich mich so gut unter dem Tisch ausruhen kann, bevor das Essen kommt. Und ja, ich bekomme auch immer etwas ab, obwohl ich das eigentlich nicht weiter erzählen soll. Aber es ist ja nur ganz wenig, fast nichts. Aber
lecker! Ich paßte besonderes gut auf, was meine Menschen taten, als das Essen kam. Es könnte ja sein, dass sie mich unter dem Tisch einfach vergessen würden und alles alleine aufessen. Deswegen konnte ich auch nicht überhören, was sie sprachen. Mehrmals erwähnten sie, wie dies und wie das schön hier war und wie gut es war, dass wir nicht so sehr weit weg von Aurich wohnten. Aurich. Aurich. Aurich. Beim Spazierengehen vor der Rückfahrt wiederholte ich den Namen noch mehrere Male. Jedoch finde ich immer noch, dass Aua-ich schöner klingt.
Die neue Bürste!


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